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AutorenbildDr. Johannes Ripken

5 Videocall No-Go’s – und wie man es in 2022 besser macht

Aktualisiert: 22. Feb. 2022


In den letzten beiden Jahren habe ich in Videokonferenzen technische und menschliche Abgründe der audio-visuellen Kommunikation erlebt. Ok, das klingt sehr harsch, aber nach unzähligen Videokonferenzen könnte man erwarten, dass jede Person das eigene Verhalten in Videokonferenzen reflektiert und optimiert hat.


Eigentlich sind Videokonferenzen fürs Networking ein Quantensprung gegenüber normaler Telefonie – und ein passabler Ersatz für nicht realisierbare persönliche Treffen in Pandemiezeiten. Somit sind Videocalls für die geschäftliche Beziehungspflege eine hervorragende Möglichkeit und daher auch ein fester Bestandteil meiner Workshops und Vorträge.

Mit diesem Artikel gebe ich hierzu einmal einen kurzen, knackigen Überblick:

No-Go # 1: Kameraperspektive

Die meisten Kameras sind in Laptops eingebaut. Viele Menschen nutzen ein oder mehrere zusätzliche, größere Bildschirme. Natürlich ist es für einen selbst komfortabler, das Videobild auf einem großen, etwas höher positionierten Bildschirm zu betrachten. Für den Gesprächspartner ist es unschön und für die Beziehungspflege katastrophal, wenn der Blick immer woanders hin gerichtet ist.

Wie geht es besser?

Auf jeden Fall dort das Videogespräch führen, wo auch die Kamera ist. Idealerweise das Videobild verkleinern und das Fenster zentral oben platzieren, damit der Blick beim Gesprächspartner geradeaus gerichtet ankommt und nicht nach unten schauend.


No-Go # 2: Schlechtes Bild, schlechter Ton, schlechtes Licht, schlechte Verbindung

Es gibt mehrere Störfaktoren, wie die oben genannten, die den Videocall beeinträchtigen. Das kann natürlich inhaltlich sein, gerade beim Ton, aber noch viel mehr schädigt es den Eindruck, die Beziehung und die Beziehungspflege. Schließlich führt man ungerne Videogespräche mit Personen, die schlecht zu verstehen oder zu sehen sind.

Wie geht es besser?

Upgrade bei der Kamera auf eine HD-Kamera – entweder eine externe oder beim Kauf eines neuen Laptops auf die Qualität der Kamera achten. Beim Nutzen einer externen Kamera definitiv darauf achten, dass die Kameraperspektive gut ist (siehe No Go # 1)

Headset statt Laptopmikro, wenn dieses nicht gut ist. Das Headset hat den weiteren Vorteil, dass die Tastaturgeräusche nicht zu hören sind, wenn du dir beim Gespräch Notizen machst.

Licht so natürlich wie möglich. Starkes Licht von vorne oder hinten vermeiden, zum Beispiel von Fenstern. (Hier muss ich zu meinem Arbeitszimmer reflektieren, dass es Momente am Tag gibt, dass die Sonne direkt mich anscheint. An diesem Fenster im Dachboden habe ich bereits Vorkehrungen getroffen, dass das Sonnenlicht dämmt, aber ein paar Lücken gibt es doch noch, die ich akzeptieren muss.)

Eine schlechte Verbindung führt zu Aussetzern der Videokonferenz, was natürlich sehr ärgerlich ist, vor allem, wenn man im direkten Dialog mit einer Person ist. Wenn ich feststelle, dass die WLAN oder LAN-Verbindung temporär nicht gut genug ist, dann steige ich auf die Tethering Verbindung meines Handys um. LTE/4G oder gar 5G sind definitiv schnell genug für Videokonferenzen. Wenn wir in ein paar Jahren alle Glasfaser haben, ist dieses Problem ein Relikt aus alten Zeiten.


No-Go # 3: Fokus

Wir haben es alle schon in Videokonferenzen erlebt und auch selbst gemacht: abgelenkt sein, weil man kurz eine Mail checkt oder etwas anderes nebenbei macht. Die Verlockung ist ja auch nur ein Fensterwechsel entfernt. Je größer die Runde, desto häufiger verliert man den Fokus, insbesondere, wenn man weniger aktiv eingebunden ist. Aber ich habe es sogar schon in Einzelgesprächen erlebt. Dort fällt es sofort auf und ist für die Beziehungspflege so wertvoll, wie bei einem echten Treffen im Handy rumzutüdeln (rumtüdeln [norddeutsch] = irgendwas machen).

Wie geht es besser?

Eigentlich einfach: Im Gespräch vollen Fokus auf das Gespräch. Mögliche Ablenkungen wie Desktopbenachrichtigungen deaktivieren.


No-Go # 4: Virtueller oder verschwommener Hintergrund

Virtuelle und verschwommene Hintergründe sind eine technische Lösung für ein menschliches Problem: Unordnung, Chaos. Durch diese veränderten Hintergründe wird das Problem zwar gelöst, aber mit Konsequenzen für die Beziehungspflege zum Gesprächspartner. Das Videobild wirkt künstlich und es entsteht der subtile Eindruck, dass die Person etwas verbergen möchte – und das ist schädlich für den Aufbau oder die Pflege einer vertrauensvollen Beziehung. Das hat natürlich keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der Arbeit, aber der Eindruck bleibt.

Bestimmt ist ein verschwommener Hintergrund besser als ein extrem unordentliches Zimmer, aber an der Variablen der Ordnung lässt sich ja drehen, indem man aufräumt und darauf achtet. Bei einer hybriden Veranstaltung hätte ich mir einen verschwommenen Hintergrund gewünscht, als bei der zugeschalteten Keynote Speakerin im Hintergrund nicht nur absolutes Chaos, sondern sogar drei Sektflaschen auf dem Schreibtisch standen. Da habe ich direkt innerlich abgeschaltet und den Fokus und das Vertrauen verloren.

Wie geht es besser?

Ich muss zugeben, mein Schreibtisch und das Arbeitszimmer sind auch häufig chaotisch, aber für Videokonferenzen habe ich eine Perspektive, die lediglich die weißen Wände meines Dachgeschosses zeigen. Also ein neutraler Hintergrund, der nicht ablenkt.


No-Go # 5: Essen und Trinken

Würdest du in einem persönlichen Treffen Pizza essen oder aus einer Literflasche trinken? Ganz sicher nicht. Aber genau erlebe ich nicht selten in Videokonferenzen. Die Literflasche natürlich deutlich häufiger, aber auch das Verzehren von fester Nahrung kommt immer wieder vor – egal, ob Pizza, Kuchen, Brot oder Chips.

Wie geht es besser?

Essen ganz lassen. Essen kannst du vorher oder nachher, aber nicht in einem Gespräch. Trinken sollte man ganz einfach aus Gläsern. Mehr muss man dazu nicht sagen.


Fazit:

Diese Tipps bzw. No-Gos sind allgemeingültig für Videokonferenzen. Insbesondere in 1-zu-1 Gesprächen ist es Pflicht, sich darüber klar zu sein, wie man auf den Gesprächspartner wirkt und was für eine Auswirkung auf den Aufbau der Beziehung hat. Die Lösungen sind nicht schwer, aber die Wahrnehmung dafür muss vorhanden sein.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag die Wahrnehmung schärfen konnte.

Nochmal der Aufruf: Schreib mir in die Kommentare, was für Erlebnisse und Erfahrungen du in Videokonferenzen gemacht hast.

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